Komplikationen - Pankreatikoduodenektomie, pyloruserhaltend, nach Longmire-Traverso, robotisch assistiert

  1. Prophylaxe und Management intraoperativer Komplikationen

    Gefäßverletzungen

    • V. portae/V. mesenterica superior: Übernähung, Teilresektion und End-zu-End-Naht
    • A. hepatica communis, dextra, sinistra → Patch, Teilresektion und End-zu-End-Naht
    • V. cava: sehr selten, Übernähung
    • Gefäßverletzung im Mesocolon transversum mit Perfusionsstörung des Colon transversum: sehr selten > Resektion des ischämischen Darmsegments und End-zu-End-Anastomose

    Verletzung von Nachbarorganen

    • Magen: sehr selten Deserosierung möglich > Übernähung
    • Darm: selten Deserosierung möglich > Übernähung
    • Leber: selten Blutung oder Galleleck > Elektrokoagulation, Lebernaht

    Pankreatitis

    • sehr fragiles, weiches Pankreas oder Assistenzfehler → Druckschaden durch Haken

    Unerkanntes Dunbar-Syndrom

    • Kompressionssyndrom des Truncus coeliacus durch das Lig. arcuatum mediale des Zwerchfells → A. gastroduodenalis darf nicht abgesetzt werden! → Spaltung des Lig. arcuatum

    Koagulationsschaden am Ductus hepaticus communis 

    • ischämischer Schaden→ spätere Insuffizienz, CAVE: Elektrokoagulation
  2. Prophylaxe und Management postoperativer Komplikationen

    Vorbemerkung: Hauptursachen postoperativer Morbidität und auch Mortalität nach Pankreaskopfresektion sind die Anastomoseninsuffizienz und die Pankreasfistel durch die assoziierte Sepsis und Blutung. Die Restpankreatitis, Arrosionsblutungen, Atonie und Magenentleerungsstörung sind häufig begleitende Phänomene der Anastomoseninsuffizienz. Besonders die Arrosionsblutung, bei der die viszerale Gefäßwand vom Pankreassaft angedaut wird, stellt ein lebensbedrohliches und hochakutes Krankheitsbild dar, das der umgehenden Intervention bedarf.

    Insuffizienz der Pankreasanastomose (4-20 %)

    • Das Risiko ist abhängig von der Festigkeit der Pankreasresektionsfläche.
    • Bei Verdacht auf eine Insuffizienz der Pankreatiko-Jejunostomie (Pankreassekret über Drainagen, unklares Fieber, CRP-Anstieg, Leukozytose, begleitende Pankreatitis und Atonie):  umgehende Durchführung eines CT des Abdomens mit i.v.-Kontrastmittel 
    • Vorgehen: 
      • Bei lokaler Begrenzung, kleiner Leckage und mildem klinischem Verlauf: konservativer Therapieversuch mittels Drainage; begleitender Abszess: interventionelle Drainage
      • Bei ausgedehnterem Befund: Relaparotomie. 
        • Bei gut perfundiertem Restpankreas und günstigen lokalen Verhältnissen: Übernähung/Neuananlage 
        • Bei fortgeschrittener entzündlicher Umgebungsreaktion, bei schwerer Restpankreatitis mit Minderperfusion und/oder lokaler Nekrosebildung: Restpankreatektomie 

    Pankreasfistel

    • Vor allem bei sehr weichem Pankreasparenchym (z.B. bei benignen, zystischen Neoplasien) ist das Risiko für die Ausbildung einer postoperativen Pankreatitis und/oder Fistel erhöht.
    • Pankreasfistel (POPF = postoperative pancreatic fistula; Definition und Klassifikation nach ISGPF)
    • 2005 wurde von der International Study Group for Pancreatic Fistula (ISGPF) eine Definition erarbeitet, die auf der Amylasekonzentration in der Drainageflüssigkeit basiert:
    • Eine postoperative Pankreasfistel besteht ab einer 3-fach erhöhten Amylasekonzentration in der Drainageflüssigkeit (im Vergleich zur Amylasekonzentration im Serum) ab dem 3. postoperativen Tag.

    Die klinischen Auswirkungen der postoperativen Pankreasfistel werden in die Grade A – C eingeteilt.

    Grad A:

    • klinisch unauffälliger Patient, persistierende Fistelung über die Drainage, keine intraabdominelle Flüssigkeitsansammlung (CT).
    • keine therapeutischen Konsequenzen

    Grad B:

    • klinisch stabiler Patient, peripankreatische Flüssigkeit (CT), die nicht vollständig über die liegende Drainage abtransportiert wird.
    • Antibiose, orale Nahrungskarenz, Belassen der Drainage; ggf. invasive Intervention (sonografisch- oder CT-gestützte Drainage); stationäre Verweildauer meist verlängert.

    Grad C:

    • klinisch instabiler Patient (Sepsis)
    • Intensivstation, interventionelle Drainage oder Re-Laparotomie; häufig Blutungskomplikationen; deutlich erhöhte Mortalität!

    Drainagen-Management

    • Bei liegender Zieldrainage:
      • Drainage belassen und für sichere Fixierung sorgen
      • ggf. Parenterale Ernährung
      • Bei infizierter Pankreasfistel Abstrichentnahme und Antibiose, Initialtherapie gemäß Antibiogramm des intraoperativ entnommenen Gallengangs-Abstrichs, bei Vorliegen eines neuen Abstrichergebnisses ggf. Antibiose anpassen.
    • Bei bereits entfernter Zieldrainage:
      • CT-gesteuerte Drainagen-Anlage oder transgastrale Drainage, Abstrichentnahme

    Bei anhaltender Pankreasfistel Grad B/C empfiehlt sich eine CT-Angiographie zum Ausschluss eines Pseudoaneurysmas, das infolge einer entzündlichen Gefäßarrosion auf dem Boden einer Pankreasfistel entsteht. Bei Vorliegen eines Aneurysmas sollte über eine Angiografie eine radiologische Embolisation oder Einlage eines gecoverten Stents erfolgen. Ultima Ratio ist eine Re-Laparotomie.

    Einen Algorithmus zum Vorgehen bei Pankreasfisteln finden Sie hier: Pankreasfistel

    Postoperative Blutung (PPH = postpancreatectomy hemorrhage; Definition und Klassifikation nach ISGPS) (2-10%)

    • Die Arrosionsblutung, bei der die viszerale Gefäßwand vom Pankreassaft angedaut wird, stellt ein lebensbedrohliches und hochakutes Krankheitsbild dar, das der umgehenden Intervention bedarf.
    • Die Besonderheit einer postoperativen Blutung nach partieller Pankreasresektion im Vergleich zu Blutungen nach anderen chirurgischen Eingriffen besteht in den zahlreichen möglichen Varianten bezüglich Ursache, Zeitpunkt, Lokalisation und Schweregrad.
    • Die Ursache für frühe extraluminale Blutungen ist oft eine unzureichende intraoperative Hämostase. Späte extraluminale Blutungen hingegen entwickeln sich meist infolge einer Arrosion von Blutgefässen oder Pseudoaneurysmen. Als ein wichtiger Risikofaktor für späte Blutungen gilt die postoperative Pankreasfistel, ferner bestehen Assoziationen mit Galleleck, intraabdominellem Abzess und Sepsis.
    • Blutungsbeginn
      • früh = < 24 h postoperativ
      • spät = > 24 h postoperativ
    • Lokalisation
      • Intraluminal (primär ins Darmlumen):
        Stress-Ulcus, Anastomosenregion, anastomosierte Pankreasresektionsfläche, Pseudoaneurysma
      • Extraluminal/intrakavitär (primär in die freie Bauchhöhle):
        Pankreasloge, Resektionsgebiet, Leber, Anastomosenregion, abgesetzte Gefäße, Pseudoaneurysma
        • Merke: häufige Blutungslokalisation ist die Absetzung der GDA (A. gastroduodenalus): ideale Behandlkungsoption ist hier sofern es die Kreislaufsituation erlaubt das interventionelle Coiling
      • Kombiniert:
        Pseudoaneurysma → tryptische Arrosion der Gefäßwand durch Pankreassekret mit Ausbildung eines perivaskulären Hämatoms, das sich entweder nach intraabdominell entlasten (extraluminal) oder Anschluss an den GI-Trakt finden kann, z.B. über eine insuffiziente Anastomose (intraluminal).
    • Schweregrad
      • Leicht:
        geringer bis mittlerer Blutverlust, Hb-Abfall < 3 g/dl, nur leichte Beeinträchtigung des Patienten → keine chirurgische Intervention erforderlich, Endoskopie, interventionelle Radiologie und Volumen/EK-Substitution ausreichend (1-3 EK)
      • Schwer:
        starker Blutverlust, HB-Abfall > 3 g/dl
        starke Beeinträchtigung des Patienten (Tachykardie, Hypotension, Oligurie, Schock), Substitution → 3 EK erforderlich
        invasive Maßnahmen indiziert: 
        • bei Stabilisierbarkeit: Angiografie mit Coiling oder Stenting, 
        • bei instabilem Patienten: Notfallmäßige Re-Laparotomie

    Einen Algorithmus zum Vorgehen bei Spätblutung nach Pankreaseingriffen finden Sie hier: Spätblutung

    Magenentleerungsstörung (delayed gastric emptying) (8-20%)

    → Ausschluss intraabdomineller Verhalt→ symptomatisch

    • Belassen oder Neuanlage der Magensonde
    • Prokinetika
    • parenterale Ernährung

    Postoperative Pankreatitis

    • Risiko: sehr fragiles, weiches Pankreas oder ggf. intraoperativ durch  Druckschaden etc.
    • konservatives Management

    BDA-Insuffizienz (Biliodigestive Anastomose) (2-6%)

    • oft ischämisch
    • Prophylaxe: Absetzen proximal des D. cysticus, Anwendung von Koagulation am D. hepaticus vermeiden (Koagulationsschaden)
    • Therapie: 
      • massive frühpostoperative Gallesekretion über die Drainage: operative Revision: ggf. Einlage einer T-Drainage, Neuanlage
      • Stabiler Patient ohne Peritonitis-Zeichen, späte Insuffizienz mit geringerer Sekretion: Zieldrainage belassen, Fördermenge kontrollieren, weitere Diagnostik per CT, ggf. MRCP

    Einen Algorithmus zum Vorgehen bei Gallefisteln finden Sie hier: Gallefistel

    Insuffizienz der Duodenojejunostomie

    • Eine MDP oder ein CT mit wasserlöslichem Kontrastmittel kann die Leckage einer Dünndarmanastomose nicht sicher ausschließen!
    • Entscheidend ist die klinische Einschätzung des Patienten: Schmerzen mit Zeichen einer lokalen oder generalisierten Peritonitis, Drainagequalität, Sepsis-Anzeichen mit Anstieg der Infektparameter im Labor
      → auch bei nicht eindeutiger Diagnostik zügige Indikationsstellung zur Re-Laparotomie!